Schlaraffia® Hildesia
Reychs-Nr. 190
Hans Huckebeyns Leibstandarte
Was ist Schlaraffia?

Die schlaraffische Idee !    Ihre Entstehung,   -   ihre Verbreitung,    -   ihre Ausformung   ---   ihr Überleben am Beispiel der Schlaraffia Hildesia
Eine Fortschreibung der Chronik des Reyches vom Archivar, Rt Musitast (Hornung a.U. 163)

Entstehung, Verbreitung und Ausformung

Mitte des 19. Jahrhunderts, genau im Jahre 1859, waren in Europa sogenannte "Gesellschaftsvereine" in Mode. Darin trafen sich Gleichgesinnte zum Zeitvertreib unterschiedlicher Orientierung, aber auch zur Bildung von Netzwerken.
Gerade diese Orientierung an Interessen, einhergehend mit sozialer Ausgrenzung und Standesdünkeln, führte zur Gründung einer Vereinigung von Kulturschaffenden, zunächst als Stammtisch, der sich bald zu einem weltweiten Bund entwickelte.
Der Ursprung der "Schlaraffia" ist bei den Komödianten des "Deutschen Theaters" in Prag zu finden. Darüber wurde schon viel geschrieben. Auf unserer Heimseite ist der Versuch einer Erklärung unter "Schlaraffia" zu finden. Wesen und Anliegen der schlaraffischen Idee bringt dort auch der gereimte Aufruf aus der Feder von Rt Musitast zum Ausdruck.
Diese schlaraffische Idee wurde als ritterliches Spiel in einer um 300 Jahre zurück versetzten Zeit konzipiert, dessen Regeln in "Spiegel und Ceremoniale" festgelegt sind, um hehre Ziele der Pflege von Kunst, Humor und Freundschaft zu erreichen.
Nicht von ungefähr entwickelte sich die schlaraffische Idee im deutschsprachigen Raum.
Mit beginnender Industrialisierung erstarkte ein Bürgertum, geprägt durch die Ideen der französischen Revolution, die Freiheitskriege, philosophische Gedanken, u.a. von Kant und Hegel sowie die literarischen Leistungen von Goethe, Schiller, Lessing und vielen anderen mehr.
Durch wechselnde Engagements der Komödianten verbreitete sich dieses Spiel sehr bald und schließlich weltweit in deutschsprachiger Gesellschaft und öffnete sich einem damals und jahrzehntelang erstrebenswerten "Bildungsbürgertum".
Um Fehlentwicklungen vorzubeugen gelten bis heute Politik, Religion und Geschäft als verbotene Themen.
Das Gründungsdatum der "Schlaraffia Hildesia" fällt folgerichtig mit der Entstehung des Hildesheimer Stadttheaters 1913 zusammen.
In diesem Geist versammeln sich seit über hundert Jahren jeden Montag Männer aus allen Gesellschaftsschichten, denen Kunst, Freundschaft und Humor gemeinsames Anliegen ist.
Das schlaraffische Spiel solcher Freigeister überdauerte selbst die Zwangsauflösung des Vereins 1938 und es erblühte wie der Hildesheimer Rosenstock erneut ab 1946. Eine solche Lebenskraft ist sensiblem Umgang mit den "Spielregeln" zu verdanken, die nie dem "Zeitgeist" angepasst wurden.
Wenn es im zitieren Aufruf heißt "humorvoll auf den Zeitgeist zielen", so kann folgender Beitrag eines Bremer Schlaraffen als Beispiel dienen:

Die Fliege
Unter einer Käseglocken
liegt ein Käse zum Verlocken.
Fliege blickt schon sehr gespannt,
setzt sich an den Glockenrand.

Fliege hat auch wirklich Glück,
Mensch kommt und schneidet ab ein Stück.
Fliege eilt zum Käs' mit List,
Mensch die Glocke wieder schließt.

Fliege glücklich Käse speist,
Mensch nach Übersee verreist.
Fliege hat nie mehr vergessen,
dass Freiheit wichtiger als Essen.

Im schlaraffischen Spiel begegnete und begegnet man Typen, die als Originale zu bezeichnen wären und entsprechende Beiträge hinterlassen haben. Solche Begegnungen und Erlebnisse bleiben nicht ohne Einfluss auf neu hinzu kommende Schlaraffen und deren Persönlichkeitsbildung. Man beschäftigt sich einmal wieder mit Dingen, die im Alltag kaum vorkommen.
Auf die Hinterlassenschaften unserer Altvorderen kann man stolz sein.
Sie haben großes geleistet, was im Goldenen Buch der Fechsungen oder anhand von Illustrationen in unseren Schmierbüchern nachvollzogen werden kann.
Die folgende Ausführungen ergänzen die Chronik des Reyches Hildesia aus der Feder von weiland Rt Jung Hansi (a.U.126) und Rt Salü (u.A. 131) als Fortschreibung:
Dem Oberschlaraffen Stegreif sind Huckebeynritt und -Turney zu verdanken, die Amtszeit des OS Bilangs ist mit der Gründung des Tochterreichs "Ob der Hamel" verbunden.
In den ersten Jahren nach der Reychsgründung bestand eine tiefe freundschaftliche Verbundenheit zwischen Sassen der Hildesia und denen des Reyches "Tergeste" (Triest), wie verschiedenen persönlich auf Künstlerkarten vermerkten Widmungen und Dankesworten zu entnehmen ist, u.a. vom Rt Tonreich (Franz Léhar).
Archivierte Fotos dokumentieren einen Dampfschiff-Ausritt der Tergeste-Sassen nach Hamburg mit Besuch u.a. in Hildesheim.
Als Triest infolge des verlorenen 1. Weltkrieges an Italien fiel und die Schlaraffia Tergeste 1918 aufgelöst werden musste, sanktionierte die "Allweise Mutter Praga" als "Tergestes Schlüsselbewahrerin" die Hildesia auf Grund enger Verbundenheit beider Reyche. Der Schlüssel zur ehemaligen Tergeste-Burg ist im Original zusammen mit einer Fotografie der Burgpforte in unserem Rittersaal zu sehen.
Der aus dem Cast. Peinense in die Hildesia gewechselte OS Multifex machte sich um den Wiederaufbau der Hildesia nach UHU-finsterer Zeit verdient. Geniale Wortfechsungen, Schmierbuch-Illustrationen und seine einfallsreiche Amtswaltung als OK prägten lange Zeit das Spiel in der Hildesia.
25 Jahre zierte OÄ Vespagnol den Thron der Hildesia, flankiert von so kunstsinnigen, wie hoch gebildeten OS Prospektus, Lyrik und Orkan. Viele Theaterleuten bereicherten in dieser Zeit als Hildesen-Sassen das Spiel, so die Ritter Diri-Taktilus, Dixi-Tator, Doppelgriff, Heidjer, Longinus, Pinselfroh, Rhamses, Schnulze und Tonprinz.

A.U. 113 zählte die Hildesia insgesamt 51 Sassen. Rt Vespagnol celebrierte a.U. 104 das 50. und a.U. 129 das 75. Stiftungsfest der Hildesia, die mit seiner Hilfe als Mutter 10 Jahre zuvor das Tochterreych Kaiserpfalz gegründet hatte.
Jährliche Huckebeyn-Turneye, Maigrafenritte und Fasselabende, letztere getextet von Rt Musitast und gestaltet von der Junkertafel des weiland Rt Schnulze unter Einbeziehung der Burgfrauen zogen viele Besucher aus befreundeten Reychen an. Dies ist alles in Text und Bild dokumeniert. Selbst die Theaterleute kamen gern nach der Vorstellung zum Feiern in die Kehrwiederburg.
Die im UHU-finsteren Teil Deutschlands im Verborgenen sippenden Mutter-, Großmutter- und Urgroßmutter-Reyche Erforda, Wimaria und Gothaha wurden von mutigen Hildesen, wie den heute in Ahall wilenden Ritern Van Bac, Bon Juan, Minero, Lustig-Bum und Don Kurbello besucht und gepflegt.
OS Don Kurbello war es auch, der nach Öffnung der Grenzen bei der Uhubaumfeier bewegende Worte an Sassen, ihre Burgfrauen sowie eingerittene Gäste richtete. Seine 27-jährige Amtsführung als OI in den Jahren a.U. 115/116 bis a.U. 141/142 begleiteten die verdienstvollen Freunde Vespagnol, später Eldorado als OÄ, Orkan, später Lyrik und Werbellin als OK, er selbst bereicherte die Ära "Vespagnol" von a.U. 115 bis a.U. 131.
In den Winterungen a.U. 142/143 - 144/145 führte das OS-Trio Harvey, Eldorado, Grave Mandel das Zepter bis Rt Poly-Flor ab a.U. 145/146 das Amt des QÄ übernahm und ideenreich die schlaraffische Freundschaft erblühen ließ. Er regte Gemeinschaftssippungen der Montags-Reyche an, erfand die Ehrungen als Huckup-Ritter sowie die maritime Sippung mit Wettbewerb um Aufnahme in die Mannschaft der Hohnsensee-Fregatte.
Die Funktion und der Ideenreichtum der OS Poly-Flor, Drei-moi-zwoa und Musitast sprachen sich schnell herum, zahlreiche Einritte waren ebenso zu verzeichnen, wie eine wachsende Sassenschaft in der Hildesia. In der Winterung 153/154 zählte das Reych Hildesia einschließlich 3 Fahrenden insgesamt 51 Sassen, davon 11 an der Junkertafel.
Als Höhepunkt des 11-jährigen Wirkens dieses OS-Triumvirats von 3 Individualisten ist das 99. Stiftungsfest am 24. im Lenzmond a.U. 153 zu nennen, bei dem OÄ und OI für die Organisation verantwortlich zeichneten, während die künstlerische Idee und Umsetzung den Köpfen von OK Drei-moi-zwoa, Rt Moritzberger und Rt FantasiJus entsprang. Ehrengäste und Schlaraffen aus nah und fern füllten den Musentempel der profanen Stadt Hildesheim, um eine schlaraffische Festsippung mit einem Unterhaltungsteil zu sehen, in den jeder Hildesen-Sasse darstellerisch und musikalisch eingebunden war.
Der Erfolg dieses Stifungsfestes ist nicht nur an der Besucherzahl und deren Beifall zu messen, sondern auch an der Tatsache, dass kein Brückenzoll erhoben wurde, die Gäste sich aber mit so großzügigen Spenden bedankten, dass der Reychsschatz nicht in Anspruch genommen werden musste.
Das Archiv der Hildesia enthält eine Dokumentation dieses Groß-Ereignisses in Bild und Ton.
Die beachtliche Mitgliederzahl a.U. 153 schrumpfte in den folgenden 5 Jahren. Durch Alter und Bresthaftigkeit war der Verlust von 10 Freunden zu beklagen. Auch der Thron kam in die Jahre. Ein Wechsel war angezeigt und einzuleiten.
Die fließende Übergabe der Funktion a.U. 156/157 legte die Verantwortung für das sowohl in der Innen- als auch Außenwirkung wohlgeordnete Reych in die jüngeren Hände der Rtt FantasiJus, später Traumbold als OI, Galenicus als OÄ, abwechselnd Sing-so-nett, Schalk-Jahr und Libermus als OK.
Der neue Thron griff die Idee des OI FantasiJus auf und bereicherte das Spiel um die "IMPOTATIS-Bruderschaft" zur Traditionspflege unserer Verbundenheit mit dem alten Ägypten.
Die bisherigen Thronsassen unterstützen die neuen Funktionsträger nach Kräften bis das Sippungsgeschehen durch OHO´s Tücke in der Winterung a.U. 160/161 ein jähes Ende fand. Eine Corona-Pandemie unterbrach das schlaraffische Spiel und erzwang die Schließung aller Burgen.
Hilfsweise ermöglichen digitale Videoschaltungen ortsunabhängig sogar weltweit schlaraffisches Treiben, die persönliche Begegnungen werden aber vermisst und ein Ende ist auch a.U. 163 kaum abzusehen.
Eine so lange Unterbrechung schlaraffischen Treibens gefährdet das Überleben der schlaraffischen Idee.
Vor 50 Jahren interessierten sich Berufstätige im Alter um die 30 für die Schlaraffia. Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung waren begrenzter, es gab keine digitale Welt mit sozialen Netzwerken. Kunst und Kultur waren erklärbarer, Bildungsbürgertum war noch erstrebenswert. Man entschied sich für seine Interessen ohne Bindungsängste. Beliebigkeit war weniger verbreitet.
Das alles ist völlig anders geworden, woraus sich Herausforderungen ergeben, auf die Antworten gefunden werden müssen, um jüngere Menschen für eine scheinbar nutzlose Gemeinschaft zu begeistern!?!

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Verantwortlich: Rt Sing-so-nett